Therapieoptionen

Welcher Inhaltsstoff kommt bei der Bicarbonattherapie zum Einsatz?

Verwendet wird Natriumbicarbonat (= Natriumhydrogencarbonat), das Natriumsalz der Kohlensäure. Die anorganische Verbindung aus Natrium (Na+) und Bicarbonat (HCO3) ist im Haushalt auch als Natron bekannt.

Wie wirkt Natriumbicarbonat?

Wird Natriumbicarbonat (NaHCO3) oral eingenommen, wird es durch den Kontakt mit der Magensäure zu Natrium (Na+), Wasser (H2O) und Kohlendioxid (CO2) umgewandelt. So „verpufft“ ein großer Teil der basischen Wirkung bereits im Magen und unerwünschtes Aufstoßen und Magenschmerzen resultieren. Durch die Anhebung des pH-Wertes des Magens wird wiederum die Aufnahme wichtiger Vitamine wie Vitamin B12 beeinträchtigt. Auch die Schutzfunktion des Magens wird beeinflusst, da der niedrige pH-Wert für das Abtöten von Keimen wichtig ist. Die Magenschleimhaut produziert die fehlende Säure zwar rasch nach und gibt dabei auch Bicarbonat ins Blut ab, doch ist die Anhebung des Bicarbonatspiegels dort nur von kurzer Dauer. 

Als deutlich effektiver hat sich die Gabe von magensaftresistenten Bicarbonatpräparaten (z.B. BicaNorm®) erwiesen.

Die Aufnahme des Wirkstoffs erfolgt hierbei erst im Dünndarm, sodass die gesamte Bicarbonatdosis für den Ausgleich der metabolischen Azidose zur Verfügung steht.

Liegt der HCO3-Spiegel im Blut unter 24 mmol/l, wird praktisch das gesamte Bicarbonat nach Filtration in der Niere wieder rückresorbiert und dem Körper zur Verfügung gestellt. Es kann nun mit der überschüssigen Säure im Plasma zu Wasser und Kohlendioxid (CO2) reagieren. Das CO2 wird dann über die Lunge abgeatmet und der pH-Wert kann sich bei ausreichender Therapie wieder normalisieren. 

Wer kommt für eine Therapie mit Natriumbicarbonat in Frage?

  • Patienten, die an einer chronischen Niereninsuffizienz leiden
  • Dialysepatienten: Sie erhalten das benötigte Bicarbonat über das Dialysat, was bei der Peritonealdialyse auch meist ausreichend ist. Für Hämodialysepatienten ist jedoch oft eine ergänzende orale Bicarbonatzufuhr zwischen den Dialysebehandlungen notwendig.1

  • Patienten mit künstlicher Harnblase (Ileum-Neoblase): gemäß Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Urologie bei einem Base Excess (BE) ≤ −2,5 mmol/l.2

  • Patienten mit renal-tubulärer Azidose Typ II

  • Generell wird eine Alkalisierungstherapie bei einem Serum-Bicarbonat < 22 mmol/l empfohlen.

    Ein Anstieg der Werte über 25 mmol/l unter Therapie sollte allerdings vermieden werden.3,4

    Die Kosten für die Bicarbonattherapie der oben genannten Patientengruppen werden von den Kassen übernommen.

Warum lohnt sich die Einnahme von Bicarbonat bei chronischer metabolischer Azidose?

Die zahlreichen Vorteile einer Bicarbonattherapie bei chronischer metabolischer Azidose (cmA) konnten in verschiedenen Studien aufgezeigt werden.  
  • Unter Einnahme von Bicarbonat über zwei Jahre zeigte sich eine Absenkung des relativen Risikos, dialysepflichtig zu werden, um 87 %.5

  • Die Azidosekorrektur mit Bicarbonat verlangsamt die Progression der Nierenerkrankung.1,5,6,7

  • Die Therapie mit Bicarbonat reduziert den Eiweißabbau im Körper,7 erhöht das Serumalbumin und verringert so den Muskelabbau.8,9

  • Durch Korrektur der cmA über orales Bicarbonat konnte eine Verbesserung des Knochenstoffwechsels beobachtet werden. Durch Abnahme der Parathormonausschüttung kommt es zu einer verminderten Aktivierung der knochenabbauenden Osteoklasten,10 die Knochendichte verbessert sich.11

Wie wird Natriumbicarbonat eingenommen?

Natriumbicarbonat wird idealerweise als magensaftresistente Tablette oral eingenommen. Bei Vorliegen eines stark erniedrigten pH-Wertes (< 7,2) sollte der Ausgleich durch eine Infusion erfolgen. Bei Dialysepatienten wird Bicarbonat hauptsächlich über das Dialysat gegeben, wobei Hämodialysepatienten auch zwischen den Therapien durch die Einnahme von Bicarbonattabletten einem pH-Wert-Abfall vorbeugen sollten.1

In Absprache mit dem behandelnden Arzt wird bei niereninsuffizienten Patienten anfänglich meist mit einer Dosis von 2‒3 g pro Tag begonnen, die weitere Dosissteigerung richtet sich nach dem Zielwert des Bicarbonats im Serum, der über 22 mmol/l liegen sollte. Dabei können Tagesdosen von bis zu 8 g erreicht werden. Patienten mit renal-tubulärer Azidose Typ II benötigen meist höhere Dosen, die auf mehrere Einnahmen pro Tag verteilt werden.12

Welche unerwünschten Wirkungen kann eine Therapie mit Natriumbicarbonat haben?

Magensaftresistente Bicarbonattabletten sind im Allgemeinen gut verträglich. Zu Beginn der Therapie kann es evtl. zu Blähungen, Bauchschmerzen oder der Verschlechterung bereits bestehender Magen-Darm-Beschwerden wie Durchfall kommen. Bei langer Einnahmedauer und/oder hohen Dosen können Nierensteine oder Muskelkrämpfe auftreten.

Zu beachten ist allerdings der Natrium- und Flüssigkeitsanstieg im Serum, insbesondere bei Patienten mit vorbestehender Herzinsuffizienz oder Bluthochdruck. Eine Anpassung der medikamentösen Therapie dieser Herzerkrankungen kann daher notwendig werden.
Ein Überausgleich der Azidose in den Bereich alkalischer pH-Werte muss ebenfalls vermieden werden.12

1 Hoyer J, Chronische metabolische Azidose bei Niereninsuffizienz, Der Nephrologe 2012; 7: 472‒480

2 Ophoven A van, Chronische metabolische Azidose bei Neoblasepatienten ‒ Umfrage zu Diagnose und Therapie, Der Urologe 2015; 54: 47‒51

3 KDIGO, Clinical Practice Guideline for the Evaluation and Management of Chronic Kidney Disease, Official Journal of the International Society of Nephrology 2013; 3(1): 89−90

4 Druml W, Contzen B et al., S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) in Zusammenarbeit mit der AKE, der GESKES und der DGfN ‒ Enterale und parenterale Ernährung von Patienten mit Niereninsuffizienz, Aktuel Ernahrungsmed 2015; 40: 21‒37 

5 Brito-Ashurst I de, Varagunam M et al., Bicarbonate Supplementation Slows Progression of CKD and Improves Nutritional Status, J Am Soc Nephrol 2009; 20(9): 2075–2084 

6 Susantitaphong P, Sewaralthahab K et al., Short- and long-term effects of alkali therapy in chronic kidney disease: a systematic review. Am J Nephrol 2012; 35: 540‒547 

7 Abramowitz MK, Melamed ML et al., Effects of oral sodium bicarbonate in patients with CKD, Clin J Am Soc Nephrol 2013; 8: 714‒720

8 Movilli E, Zani R et al., Correction of metabolic acidosis increases serum albumin concentrations and decreases kinetically evaluated protein intake in haemodialysis patients: a prospective study, Nephrol Dial Transplant 1998; 13: 1719‒1722

9 Verove C, Maisonneuve N et al., Effect oft he correction of metabolic acidosis on nutritional status in elderly patients with chronic renal failure, J Ren Nutr 2002; 12: 224−228

10 Movilli E, Zani R et al., Direct effect oft he correction of acidosis on plasma parathyroid hormone concentrations, calcium and phosphate in hemodialysis patients: a prospective study, Nephron 2001; 87: 257‒262

11 Domrongkitchaiporn S, Pongskul C et al., Bone histology and bone mineral density after correction of acidosis in distal renal tubular acidosis, Kidney Int 2002; 62: 2160‒2166

12 Fresenius Medical Care GmbH, Fachinformation zu BicaNorm®, Gelbe Liste Pharmindex (Stand: 15.03.2020)

Ernährung

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Welcher Inhaltsstoff kommt bei der Bicarbonattherapie zum Einsatz?

Verwendet wird Natriumbicarbonat (= Natriumhydrogencarbonat), das Natriumsalz der Kohlensäure. Die anorganische Verbindung aus Natrium (Na+) und Bicarbonat (HCO3) ist im Haushalt auch als Natron bekannt.

Wie wirkt Natriumbicarbonat?

Wird Natriumbicarbonat (NaHCO3) oral eingenommen, wird es durch den Kontakt mit der Magensäure zu Natrium (Na+), Wasser (H2O) und Kohlendioxid (CO2) umgewandelt. So „verpufft“ ein großer Teil der basischen Wirkung bereits im Magen und unerwünschtes Aufstoßen und Magenschmerzen resultieren. Durch die Anhebung des pH-Wertes des Magens wird wiederum die Aufnahme wichtiger Vitamine wie Vitamin B12 beeinträchtigt. Auch die Schutzfunktion des Magens wird beeinflusst, da der niedrige pH-Wert für das Abtöten von Keimen wichtig ist. Die Magenschleimhaut produziert die fehlende Säure zwar rasch nach und gibt dabei auch Bicarbonat ins Blut ab, doch ist die Anhebung des Bicarbonatspiegels dort nur von kurzer Dauer. 

Als deutlich effektiver hat sich die Gabe von magensaftresistenten Bicarbonatpräparaten (z.B. BicaNorm®) erwiesen.

Die Aufnahme des Wirkstoffs erfolgt hierbei erst im Dünndarm, sodass die gesamte Bicarbonatdosis für den Ausgleich der metabolischen Azidose zur Verfügung steht.

Liegt der HCO3-Spiegel im Blut unter 24 mmol/l, wird praktisch das gesamte Bicarbonat nach Filtration in der Niere wieder rückresorbiert und dem Körper zur Verfügung gestellt. Es kann nun mit der überschüssigen Säure im Plasma zu Wasser und Kohlendioxid (CO2) reagieren. Das CO2 wird dann über die Lunge abgeatmet und der pH-Wert kann sich bei ausreichender Therapie wieder normalisieren. 

Wer kommt für eine Therapie mit Natriumbicarbonat in Frage?

  • Patienten, die an einer chronischen Niereninsuffizienz leiden
  • Dialysepatienten: Sie erhalten das benötigte Bicarbonat über das Dialysat, was bei der Peritonealdialyse auch meist ausreichend ist. Für Hämodialysepatienten ist jedoch oft eine ergänzende orale Bicarbonatzufuhr zwischen den Dialysebehandlungen notwendig.1

  • Patienten mit künstlicher Harnblase (Ileum-Neoblase): gemäß Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Urologie bei einem Base Excess (BE) ≤ −2,5 mmol/l.2

  • Patienten mit renal-tubulärer Azidose Typ II

  • Generell wird eine Alkalisierungstherapie bei einem Serum-Bicarbonat < 22 mmol/l empfohlen.

    Ein Anstieg der Werte über 25 mmol/l unter Therapie sollte allerdings vermieden werden.3,4

    Die Kosten für die Bicarbonattherapie der oben genannten Patientengruppen werden von den Kassen übernommen.

Warum lohnt sich die Einnahme von Bicarbonat bei chronischer metabolischer Azidose?

Die zahlreichen Vorteile einer Bicarbonattherapie bei chronischer metabolischer Azidose (cmA) konnten in verschiedenen Studien aufgezeigt werden.  
  • Unter Einnahme von Bicarbonat über zwei Jahre zeigte sich eine Absenkung des relativen Risikos, dialysepflichtig zu werden, um 87 %.5

  • Die Azidosekorrektur mit Bicarbonat verlangsamt die Progression der Nierenerkrankung.1,5,6,7

  • Die Therapie mit Bicarbonat reduziert den Eiweißabbau im Körper,7 erhöht das Serumalbumin und verringert so den Muskelabbau.8,9

  • Durch Korrektur der cmA über orales Bicarbonat konnte eine Verbesserung des Knochenstoffwechsels beobachtet werden. Durch Abnahme der Parathormonausschüttung kommt es zu einer verminderten Aktivierung der knochenabbauenden Osteoklasten,10 die Knochendichte verbessert sich.11

Wie wird Natriumbicarbonat eingenommen?

Natriumbicarbonat wird idealerweise als magensaftresistente Tablette oral eingenommen. Bei Vorliegen eines stark erniedrigten pH-Wertes (< 7,2) sollte der Ausgleich durch eine Infusion erfolgen. Bei Dialysepatienten wird Bicarbonat hauptsächlich über das Dialysat gegeben, wobei Hämodialysepatienten auch zwischen den Therapien durch die Einnahme von Bicarbonattabletten einem pH-Wert-Abfall vorbeugen sollten.1

In Absprache mit dem behandelnden Arzt wird bei niereninsuffizienten Patienten anfänglich meist mit einer Dosis von 2‒3 g pro Tag begonnen, die weitere Dosissteigerung richtet sich nach dem Zielwert des Bicarbonats im Serum, der über 22 mmol/l liegen sollte. Dabei können Tagesdosen von bis zu 8 g erreicht werden. Patienten mit renal-tubulärer Azidose Typ II benötigen meist höhere Dosen, die auf mehrere Einnahmen pro Tag verteilt werden.12

Welche unerwünschten Wirkungen kann eine Therapie mit Natriumbicarbonat haben?

Magensaftresistente Bicarbonattabletten sind im Allgemeinen gut verträglich. Zu Beginn der Therapie kann es evtl. zu Blähungen, Bauchschmerzen oder der Verschlechterung bereits bestehender Magen-Darm-Beschwerden wie Durchfall kommen. Bei langer Einnahmedauer und/oder hohen Dosen können Nierensteine oder Muskelkrämpfe auftreten.

Zu beachten ist allerdings der Natrium- und Flüssigkeitsanstieg im Serum, insbesondere bei Patienten mit vorbestehender Herzinsuffizienz oder Bluthochdruck. Eine Anpassung der medikamentösen Therapie dieser Herzerkrankungen kann daher notwendig werden.
Ein Überausgleich der Azidose in den Bereich alkalischer pH-Werte muss ebenfalls vermieden werden.12

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1 Hoyer J, Chronische metabolische Azidose bei Niereninsuffizienz, Der Nephrologe 2012; 7: 472‒480

2 Ophoven A van, Chronische metabolische Azidose bei Neoblasepatienten ‒ Umfrage zu Diagnose und Therapie, Der Urologe 2015; 54: 47‒51

3 KDIGO, Clinical Practice Guideline for the Evaluation and Management of Chronic Kidney Disease, Official Journal of the International Society of Nephrology 2013; 3(1): 89−90

4 Druml W, Contzen B et al., S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) in Zusammenarbeit mit der AKE, der GESKES und der DGfN ‒ Enterale und parenterale Ernährung von Patienten mit Niereninsuffizienz, Aktuel Ernahrungsmed 2015; 40: 21‒37 

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6 Susantitaphong P, Sewaralthahab K et al., Short- and long-term effects of alkali therapy in chronic kidney disease: a systematic review. Am J Nephrol 2012; 35: 540‒547 

7 Abramowitz MK, Melamed ML et al., Effects of oral sodium bicarbonate in patients with CKD, Clin J Am Soc Nephrol 2013; 8: 714‒720

8 Movilli E, Zani R et al., Correction of metabolic acidosis increases serum albumin concentrations and decreases kinetically evaluated protein intake in haemodialysis patients: a prospective study, Nephrol Dial Transplant 1998; 13: 1719‒1722

9 Verove C, Maisonneuve N et al., Effect oft he correction of metabolic acidosis on nutritional status in elderly patients with chronic renal failure, J Ren Nutr 2002; 12: 224−228

10 Movilli E, Zani R et al., Direct effect oft he correction of acidosis on plasma parathyroid hormone concentrations, calcium and phosphate in hemodialysis patients: a prospective study, Nephron 2001; 87: 257‒262

11 Domrongkitchaiporn S, Pongskul C et al., Bone histology and bone mineral density after correction of acidosis in distal renal tubular acidosis, Kidney Int 2002; 62: 2160‒2166

12 Fresenius Medical Care GmbH, Fachinformation zu BicaNorm®, Gelbe Liste Pharmindex (Stand: 15.03.2020)

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